Hafenkran

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Schreibwettbewerb Literaturhaus zum Hafenkran 30.05.2014 (keine Auszeichnung)

Zu Beginn war’s Theorie: ein Hafenkran am Limmatufer in der Altstadt, als Kunst im öffentlichen Raum. Die Debatte, ob das Kunst sei, beginnt. Für mich war es klar: Kunst mache sichtbar, sagte einst Klee. Und der Kran mit seinem Transfer in diesen Kontext tut das: Er veranschaulicht nicht nur eine weit zurückliegende Vorgeschichte „hier war mal Meer“, sondern auf höchst raffinierte Weise eine für viele offenbar noch immer als beängstigend verdrängte Gegenwart: Wir sind globalisiert! Aber weil man Internet, Mobilität, Banken- und Finanzpolitik, internationale Vernetzung der Infrastrukturen, Klima- und Flüchtlingspolitik und vieles mehr, nicht als Denk-Male darstellen kann, gelingt den Autoren die Veranschaulichung mit einem Kunst-Griff auf ein „ready-made“ aus der ersten Phase der Globalisierung, des internationalen Welthandels, damals per Schiff, mit dem Hafenkran. Ich gratuliere zur grossartigen Veranschaulichung unserer Befindlichkeit in der Idylle der weltweit vernetzten Stadt! Soweit die Theorie.

Bald holte die politische Gegenwart den Kran auf seinem langen Planungsweg ein: 2010 die Ausschaffungsinitiative und 2014 zwei weitere Aktualisierungen: einerseits die Zuspitzung des Konflikts zwischen Abschottungs-Reduitmentalität und Globalisiertheit vom 9.Februar, und dann ganz lokal für Zürich: Im Juni wird die Organisation von Bootsflüchtlingstagen durch Kirchen und Flüchtlingshilfsorganisationen, dem „freien Blick aufs Mittelmeer“ eine völlig neue Sicht vermittelten: die Festung Schweiz in der Festung Europa, im oberen Zürichsee ein überfülltes Schlauchboot, mutmasslich mit abgewiesenen Asylbewerbern an Bord, geflüchtet aus den Lagern in Freienbach, Frontex-Helikopter kreisen zwischen Horgen und Meilen und versuchen seine Landung in einer der Unter- 50%Jastimmen-Gemeinden oder gar in der Stadt zu verhindern…

Eine ‚Verfremdung zur Kenntlichkeit’ sagte kürzlich ein Gast im SRF 1. Kunst mache sichtbar, wenn wir denn…

 

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Leserbrief Limmattaler 26.5.08: Skulptur von Piero Maspoli

Da lese ich kürzlich von dieser peinlichen Unterschriftensammlung gegen die Skulptur von Piero Maspoli. Oder kann man das auch als Erfolg sehen, präzise einen Nerv getroffen zu haben? Den Nerv derjenigen, die noch nicht wahrhaben wollen, dass sich das Umfeld von Städten wie Zürich längst in einem auch kulturellen Urbanisierungsprozess befindet? Ich gratuliere den Schlieremer Behörden zum Mut, diese aussergewöhnliche Skulptur aufzustellen, und natürlich auch dem Künstler zu diesem Werk. Grossartig, dass so etwas möglich ist. Schlieren wird damit und mit der ganzen derzeitigen städtebaulichen Entwicklung beneidenswert urban und wertet die ganze Agglomeration kulturell wesentlich auf.

Hermann Huber
Urdorf