Gegen das absurde Vorhaben, Atommüll in einem Endlager zu versenken.

Einer von mehreren Leserbriefen (WOZ, TA, Limmattaler) gegen das absurde Vorhaben, Atommüll in einem (vermeintlich sicheren) Endlager zu versenken.

Energie Express, Nr.107, Juli 2015, Seite 2, Murren um den Bözberg, Leserbrief zu ‚Murren um den Bözberg‘ (bisher nicht abgedruckt)

Am Text im Energie Express 107 hat mich insbesondere der Satz des Nagra-Experten Fritschi erschreckt: Zitat: „Er erklärt, das Endlager dürfe nicht zu dicht an der Oberfläche liegen, weil es sonst durch die nächste Eiszeit freigelegt werden könnte…“

Nimmt die Nagra tatsächlich an, die zivilisatorische, kulturelle und wissenschaftliche Entwicklung der Gesellschaft in der heute Schweiz genannten Gegend würde es dereinst einfach zulassen, dass eine künftige Klimaveränderung diese Gegend ausradieren und wegschürfen würde?

Dazu ein Gedankenspiel: Die Forscher in Würenlingen, beim CERN und an den ETHs werden sehr wohl auch im Jahre 12015 fähig sein, Veränderungen wie die von der Nagra befürchteten wachsenden Gletscher der nächsten Eiszeit rechtzeitig in den Griff zu bekommen, beispielsweise, indem sie die noch abklingende ‚Kernwärme‘ der zum Glück jederzeit transparent kontrollierten und zugänglichen Atommülldepots in die gefährlichen Eiszonen leiten oder wenn nötig, sogar neue ‚Kernwärmeproduktionsanlagen‘ konstruieren…

Im Ernst: 
Unsere Generation kann wohl mit recht voraussetzen, dass die nachfolgenden Generationen nicht weniger aufmerksam und besorgt sein werden als wir, und dass sie unsere Besorgnisse übernehmen, was denn mit unserer wohl ‚langlebigsten‘ Hinterlassenschaft, dem Atommüll, die nächsten 1000, bzw. 10’000, bzw. 100’000 Jahre zu geschehen habe, damit die Gefährdung nie bedrohliche Ausmasse annehmen werde.

Ich meine deshalb, der Denkansatz es gebe so etwas wie 
eine ‚Endlagerung‘ sei angesichts der Zeitdimensionen, die zur Diskussion stehen, eine irreführende Sackgasse, und zudem eine nachgerade arrogante Unterschätzung der Wissensvermehrungs- und Technologieentwicklungfähigkeit unserer Nachkommen.

Ab und zu fahre ich an Kölliken vorbei und bewundere die grossartige Tragstruktur der Müllausgrabungsstätte. Ein Fachmann stellte letzthin am Schweizer Fernsehen fest, damals seien Fachleute aus Politik und Industrie überzeugt gewesen, alles richtig zu machen. Nicht nur der im Film gezeigte Untergrund, sondern auch die damalige Mentalität muten gespenstig an…In Niedersachsen ist es das Atommülllager Asse, das bereits wieder geräumt wird (siehe Internet). Dass die Nagra von Kölliken nichts lernen will, ist erschreckend.

Die WOZ Nr. 26 vom 25. Juni 2015 getraute sich den Titel „Man sollte den Atommüll sehen, nicht vergraben“ zu setzen, ein Zitat aus den Ausführungen der Aargauer Grossrätin Elisabeth Burgener.

Es wäre meines Erachtens zu begrüssen, wenn auch andere atomenergiekritische Zeitschriften sich zur Forderung einer radikalen Trendwende beim Problem Atommüllbehandlung durchringen könnten.

Entscheidend scheint mir dabei, dass wir alles dafür tun, dass die Gefährlichkeit des radioaktiven Materials nicht bagatellisiert wird (‚das muss man nur gut genug und in der richtigen ‚Geologie‘ vergraben‘), sondern dass, erstens, dieses Wissen um die Gefährlichkeit auf die folgenden Generationen übermittelt wird; und dass zweitens eine möglichst vollständige transparente Kontrolle darüber gewährleistet bleibt: Denn Giftmüll gehört in den permanent kontrollierbaren ‚Glasschrank‘, die volltransparente ‚gläserne‘ Vitrine, jederzeit sofort einsehbar und zugänglich. Wie das konkretisiert wird, ist offen.
 Ein holländisches Beispiel (Covra Habog, Borssele, siehe  Internet) rechnet mit oberirdischen Bauten für eine Lagerungs- Zwischennutzung von ca. 100 Jahren.

Noch ein Gedankenspiel:
 Da die Sicherheitsvorschriften für solche Lagerbauten sicherlich denjenigen eines AKWs entsprechen müssten, wäre auch die Standortfrage für eine solche Zwischenlagerung leichter lösbar: Für die Schweiz könnte ich mir vorstellen, dass die Untersuchungen der Nagra sich darauf konzentrieren würden, welche geologischen, topografischen und siedlungsplanerischen Umgebungen bestehender Kernkraftwerke sich am besten eignen, letztere nach ihrer Stilllegung als Zwischenlager für ca. 100 Jahre zu nutzen und sie anlässlich der Stilllegung entsprechend umzurüsten. Dies würde unseren Enkeln und Urenkeln etwas Spielraum einräumen und Kosten für Wiederausgrabungen sparen.

Damit könnte die Nagra die Sackgasse der Suche nach einer vermeintlich sicheren „Endlagerung“ endlich aufgeben und sich mit realistischeren Konzepten befassen.

Hermann Huber

Architktur-Zeitschrift.: Blueprint, July 2009 (siehe auch
Internet: http://www.euronuclear.org/meetings/rrfm2005/presentations/Kastelein.pdf ) und COVRA (Centrale Organisatie Voor Radioactief Afval) is the Dutch nuclear waste processing and storage company
in Vlissingen,[1] which stores the waste produced in the Borssele nuclear power plant)